BUSINESS TALK

Alte Werte, neue Wege

Ein Gespräch mit Ralph Riffeser vom Cavallino Bianco Family Spa Grand Hotel in Gröden. Sein Credo: Man muss den Gästen nicht nur kommunizieren, was und wie, sondern warum man etwas macht.

Herr Riffeser, das Cavallino Bianco wurde von 2013 bis 2018 sechs Mal in Folge zum „weltbesten Familienhotel“ gekürt. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Unsere Einzigartigkeit, aber auch unsere Mitarbeiter tragen maßgeblich zum Erfolg bei: Sie fühlen sich in die Bedürfnisse der Gäste ein und bauen ein fast freundschaftliches Verhältnis zu ihnen auf – ein weiterer Grund zur Wiederkehr.

Was bedeuten Ihnen derartige Auszeichnungen? 
Sie sind eine große Bestätigung und zugleich eine Herausforderung – will man doch die Qualität erhalten und stetig erhöhen.

Wohn(t)räume für die ganze Familie

Worin unterscheidet sich das Cavallino Bianco von anderen Familienhotels in Südtirol?
Es hat ein spontanes und echtes “Why”. Damit verweise ich auf die Theorie des US-amerikanischen Autors Simon Sinek: Man muss dem Kunden nicht nur kommunizieren, was man macht, oder wie man es macht, sondern warum man es macht. So halten wir es auch mit unseren Gästen. Wir sind treue Wegbegleiter glücklicher Familien, weil wir wissen, wie wichtig gemeinsam verbrachte Zeit ist. Diese möchten wir so unvergesslich wie möglich gestalten, wobei jedes Familienmitglied im Mittelpunkt steht.

Das Cavallino Bianco verbindet Familienurlaub mit Wellness. Wie passt das zusammen?
Wir sprechen speziell Familien, also Kinder und deren Eltern an. Für Erwachsene gehören kleine Auszeiten dazu, in denen auch sie selbst einmal im Mittelpunkt stehen dürfen. Während unser Kinderprogramm die Sprösslinge rundum versorgt, können die Eltern entspannende Wohlfühlmomente, Zeit für sich selbst sowie als Paar genießen. Wellness ist somit auch in einem Familienhotel ein Must-have.

Zeit für alle(s): ein Geschenk

Haben sich die Bedürfnisse von Familien mit der Zeit geändert?
Wie die Gesellschaft im Allgemeinen haben sich auch die Familien geändert, wobei ich eine Rückkehr alter Werte und damit zusammenhängender Bedürfnisse immer stärker verspüre.

Inwiefern?
Gemeinsam und achtsam verbrachte Zeit hat einen extrem hohen Stellenwert erhalten. Speziell Mütter und Väter nehmen sich wieder mehr Zeit füreinander, es ist ein Gegentrend zu den schnellen „Ehe-Kapitulationen“ erkennbar.

Wie stehen Sie zum wachsenden Trend hin zu Adults Only Hotels?
Diesen Trend finde ich sehr positiv. Eine klare Position zu beziehen, bringt eigentlich nur Vorteile, es braucht aber Mut zur Ausgrenzung. Die „Allrounder“ der Vergangenheit werden sich in Zukunft aus mehreren Gründen immer schwerer tun, am Markt zu überleben. Ausnahmen dazu sehe ich nur in großen bis sehr großen Strukturen, in denen verschiedene Positionierungen vereint werden können.

Das Cavallino Bianco in St. Ulrich, Gröden

Ihre Preispolitik setzt auf Zimmerpreise statt Personenpreise. Was steckt dahinter?
„Patchworkpreise“ laut der Anzahl von Erwachsenen und Kindern haben den Nachteil, mitunter nicht den maximalen Umsatz pro Zimmer generieren zu können. Zimmerpreise sind zudem leichter in der Handhabung und im Verständnis sowie weltweit in Verwendung.

Der Fachkräftemangel in der Hotellerie ist in aller Munde. Ist Ihr Betrieb auch davon betroffen?
Ja, leider. Es fehlt beispielsweise die breite Kompetenz einer soliden Mehrsprachigkeit, speziell in den beiden Landessprachen Deutsch und Italienisch. Ich habe zudem festgestellt, dass die neue Generation die Arbeit oft nur als notwendige Handlung zur Finanzierung von Freizeitaktivitäten sieht und nicht als Lebenserfüllung. Aus diesem Grund fokussieren wir öfters Kandidaten, welche die primäre Herausforderung im Berufsleben suchen, daran Spaß haben, dafür brennen und somit ihr Bestes geben. Dafür nehmen wir auch kompetenzschwächere Mitarbeiter auf und geben ihnen die Möglichkeit, Fachkompetenzen vor Ort „by doing“ zu erwerben.

Was tun Sie, um kompetente Mitarbeiter langfristig an Ihr Unternehmen zu binden?
Ich teile meine unternehmerischen Träume und Visionen mit unseren Mitarbeitern und versuche, diese auch deren Ziele werden zu lassen. Damit ergeben sich längerfristige Karriereperspektiven von selbst.

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Wie soll sich das Cavallino Bianco in Zukunft weiterentwickeln?
Wir möchten unsere Einzigartigkeit bewahren und den Mut haben, einsame Wege zu gehen. Damit meine ich, nicht wie allgemein üblich und ohne größere Aufwände die „Mainstreams“ zu verfolgen, sondern eigene Dienstleistungskonzepte und Haltungen zu entwickeln, die zu unseren Alleinstellungsmerkmalen passen. Einsam ist man dabei, weil es häufig Wege und Ziele sind, die noch nie jemand gegangen ist und es deshalb keine richtungsweisenden Erfahrungen gibt.

Gibt es konkrete Ideen bzw. sind Investitionen in einer bestimmten Richtung geplant?
In der Pipeline befinden sich bereits zwei neue Hotelprojekte, eines am Gardasee (Sirmione) und eines an der Adria (Caorle). Wir bleiben bei unserem Core „Familie mit Kindern“ und dem Konzept des „Beziehungshauses für Familien, getarnt als Hotel“, wobei es an der Adria auf die Meerdestination dekliniert werden soll. In Sirmione hingegen werden wir noch tiefer in die Nische greifen und uns nur „zerbrochenen“ Familien widmen, sprich alleinerziehenden Eltern mit Kindern.

Wie sieht Ihre persönliche Zukunftsvision für Gröden als Destination aus?
Wir müssen uns neu positionieren, bei weniger Gästen aber höheren Preisen – und dies quer durch die Bank bei allen beteiligten Dienstleistern. Dann sind wir imstande, respektvoller mit unseren Ressourcen umzugehen und eine höhere nachhaltige Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Unter diesen Voraussetzungen sehe ich zuversichtlich in die Zukunft.

Cavallino Bianco Family Spa Grand Hotel
Zimmer: 104
Mitarbeiter: ca. 150
Öffnungszeiten: ca. 10,5 Monate (Mai bis April)
Nächtigungen (pro Jahr): ca. 90.000
Gäste: zwei Drittel aus Italien, 20 % aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, 10 % sind internationale Gäste, hauptsächlich aus Großbritannien und dem Osten Europas.