BUSINESS TALK

Nachhaltig und regional

Die Corona-Krise hat das Leben drastisch verändert. Namenhafte Hoteliers erzählen von ihren einschneidenden Erfahrungen, unerwarteten Erkenntnissen und machen Mut für einen erfolgreichen Neustart.

Werner Call
Excelsior Dolomites Life Resort
(St. Vigil in Enneberg/Südtirol)

Ihr Hotel ist ein Aktiv- und Spa-Resort im Herzen der Dolomiten: hochwertiger Tourismus inmitten der Natur. Wie haben Sie die Veränderungen durch Corona an Ihrem Standort erlebt?
Als wir vor genau einem Jahr plötzlich unsere Gäste verschicken mussten, war dies ein wirklicher Schock. Es hat uns schwer getroffen. So machtlos habe ich mich noch nie gefühlt. Mithilfe meiner Familie, meinen Teams und Beratern habe ich mich wieder gefangen. Ich bin oft raus in die Natur. Sie war meine große Energiequelle.

Welches Umdenken erforderte der Lockdown und auf welche neuen Ideen sind Sie gekommen?
Es war extrem wichtig, trotz allem weiterhin ein attraktives Angebot zu kommunizieren. So sind wir auf die Idee des #westayathome-Tagebuchs auf unserem Facebook-Kanal gekommen. In kurzen Videos bin ich im Stiegenhaus gewandert, auf der Terrasse Schneeschuhgelaufen, habe mir die Kochschürze umgeworfen oder Tipps für die richtige Pflege der Bergschuhe gegeben. Eine lustige Idee, der viele mit großer Begeisterung gefolgt sind. Großes Umdenken war auch im Bereich Sicherheit notwendig. Ich habe selbst vier Tage lang bei einem Kollegen verbracht, um mich mit ihm auszutauschen. Noch nie zuvor habe ich so viele Webinare besucht, aber es hat sich gelohnt. Wir haben es geschafft, den Gästen das Gefühl der Sicherheit zu vermitteln und die Sommersaison war ein Erfolg.


Letzten Sommer hatten Sie besonders viele neue Gäste. Wie kam das?
Rund 30 % waren Stammgäste. Alle anderen Buchungen kamen von neuen Gästen, die zum ersten Mal einen Bergurlaub angetreten sind. Teilweise musste man ihnen fast das Radfahren beibringen oder sie zum Bergschuhe-Kaufen schicken. Unsere Aktivangebote waren extrem gut gebucht. Der Faktor Entdeckung in der Natur war hier der große Renner. Unser Standort hat uns zu einem sehr attraktiven Urlaubsziel in Zeiten einer Pandemie gemacht. Die Saison haben wir mit vollem Hause abgeschlossen. Wir haben beobachtet, dass sich die Gäste sehr gut „erziehen“ lassen und alle Anweisungen mit extremer Disziplin befolgen. Unsere Philosophie der Nachhaltigkeit und der Fokus auf regionale Produkte sind auf großes Interesse gestoßen. Der Gast war eindeutig sensibler für diese Themen als zuvor.

Welche Rolle hat diese Ausnahmesituation für Investitionen in Ihrem Haus gespielt?
Wir haben ein geplantes Renovierungsprojekt um zwei Monate vorgezogen und ich habe noch nie so gemütlich gebaut wie diesmal. Das Projekt lastet mich aus und wir haben tolle News für unsere Gäste. Sicherlich hätte uns eine Wintersaison finanziell sehr geholfen. Trotzdem schaue ich nun mit Zuversicht nach vorne und freue mich, diesen Umbau früher als geplant realisiert zu sehen. Das macht Mut.

Dieses Interview wurde am 10.03.2021 geführt.